Die Rüthener Damen an der politischen Front wünschen sich Unterstützung. Zum morgigen Weltfrauentag hat unsere Zeitung erfragt, wie es ist, die absolute Minderheit zu sein: Nur vier von 28 Ratsmitgliedern sind Frauen. Diese möchten den Rüthenerinnen Mut machen, sich politisch zu engagieren.

Von Birte Schönhense

Rüthen – Schließlich könnten die Damen in Rüthen so einiges bewegen. Frauen haben oft eine andere Sichtweise auf die Dinge als Männer – da sind sich die befragten Politikerinnen einig. Und außerdem wäre es nur demokratisch, wenn politische Gremien so besetzt wären wie die reale Bevölkerung – nämlich mit ungefähr 50 Prozent Frauen.

Anfänge des Engagements

„Ich bin damals angesprochen worden“, ist oft zu hören, wenn sich die Frauen an die Anfänge ihrer Politik-Karriere erinnern. Etwa Annette Herbst-Köller von der Bürgergemeinschaft (BG). Sie ist die erste weibliche Fraktionsvorsitzende einer Rüthener Ratsfraktion. Seit 2004 ist sie dabei, damals waren ihre Kinder noch im Kindergarten. Doch hatte sie Rückhalt von Mann und Eltern, die mit im Haus wohnen. Der damalige

Fraktionschef Franz-Josef Dohle habe immer gesagt, „wir brauchen die Frauen“, so Herbst-Köller. „Da hat man sich nicht als Quotenfrau gefühlt.“ Herbst-Köller warb dann Susanne Dönnecke an. Die beiden Ratsfrauen bilden heute für die BG die höchste Frauenquote aller Fraktionen (insgesamt hat die BG fünf Plätze im Rat).

Ähnlich erging es Beatrix Krüper – trotz der 15 „Mann“ starken CDU-Fraktion die einzige Ratsfrau. Sie war gleich in ihre erste Fraktionssitzung geladen worden – „da versteht man erst mal gar nichts. Aber da wächst man rein.“ Ellen Postler als einzige SPD-Ratsfrau ist seit 1993 Mitglied der SPD. Das politische Engagement kam aber schon früher: Parteiunabhängig wollten damals Kallenhardterinnen die Straßen für ihre Kinder sicherer machen. Später engagierten sie sich in Sachen Schulen und halfen Flüchtlingen.

Zusammenarbeit mit Männern

Da können die Damen nichts Negatives sagen – zumindest innerhalb der eigenen Partei. „Ich fühle mich ernst genommen und werde auch erhört – aber manchmal fühlt man sich schon alleine, ganz klar“, meint Krüper nachdenklich. Eine gemischte Fraktion wäre besser für Themen und Diskussionen.

Herbst-Köller erinnert sich noch an ihre Anfänge. Damals habe in den Ausschüssen eine aggressivere Stimmung geherrscht, Kritik sei unsachlich und auch persönlich gewesen. Manchmal sei das heute noch so. „Zwischenrufe mit tiefen Bässen“, führt Herbst-Köller an, „oder das Fachwissen wird infrage gestellt.“ Ignorieren ist die Strategie der BG. „In manchen Sitzungen hat man den Eindruck, es ist für manche Herren

ungewohnt, dass sich eine Frau kritisch äußert“, schmunzelt auch Ellen Postler. Doch sei sie in der Lage sich durchzusetzen. Innerhalb der Partei gebe es dabei keine Probleme.

Motivation

„Es ist wie ein Virus, der einen nicht mehr loslässt“, sagt Susanne Dönnecke. Die politische Arbeit forme den Charakter, man sei stets gut informiert. „Meine erste Umsetzung war die Fahrradbeleuchtung an der Lippstädter Straße“, erinnert sich Herbst-Köller. „Da habe ich mir ein Loch in den Bauch gefreut, als das klappte.“ „Es macht Spaß, etwas für Rüthen zu bewegen“, sagt auch Krüper. Die Zukunft der Stadt liege ihr am Herzen.

Mitstreiterinnen

Die Politiker sind bemüht, Mitstreiterinnen zu gewinnen. Doch sind Frauen häufig zeitlich gebunden, müssen Familie und Beruf unter einen Hut bringen, gibt Krüper zu bedenken. Das geht auch Ellen Postler so – nach dem Vollzeit-Job ging es etwa am Donnerstag direkt in den Sitzungssaal. Krüper hat aber auch das Argument gehört, Politik sei ein schmutziges Geschäft. „Das muss nicht so sein. Ich würde nie einen Bürger anlügen.“ Es komme auf den Menschen an.

Desinteresse sei eher nicht das Problem, glauben die Frauen. „Viele sprechen sich frei, sagen: Ich kann das nicht“, sagt Susanne Dönnecke. Frauen engagierten sich oft mehr im Hintergrund. Doch: Das sei auch in einer Partei möglich. SPD-Fraktionschef Johannes Erling kennt indes einen anderen Grund, warum Frauen wie Männer Hemmungen haben, in einer Partei mitzuwirken: nämlich aus Angst vor negativen Auswirkungen im Beruf. „Man braucht ein dickes Fell“, betont Erling.

Dass Frauen mit ihren Ideen und Sichtweisen eine Bereicherung wären, da sind sich alle Befragten einig. „Einiges würde anders entschieden. Sozialer, vielleicht auch mehr mit Blick auf die Umwelt“, findet Ellen Postler.

Ausblick

Alle Fraktionen hoffen, dass sich zur Kommunalwahl mehr Frauen in politische Ämter berufen fühlen. Eine eigene Quote hat intern schon die SPD eingeführt, sagt Fraktionschef Erling: Unter den ersten drei Plätzen in der Reserveliste müsse eine Frau vertreten sein. Ansonsten habe die Partei Probleme, überhaupt die Wahlkreise besetzen zu können. Das berichtet auch die FDP – aktuell ohne Ratsfrau, jedoch mit Ricarda Kroll

als Schulausschussmitglied. Hier habe Interesse eine Rolle gespielt, so Fraktionschef Wolfgang Henze. Und selbst die CDU als größte Fraktion klagt: „Bei einer Frauenquote hätten wir echte Probleme bei der Besetzung“, so Fraktionschef Antonius Krane. Mehr weibliche Namen auf den Listen seien dennoch das Ziel. Klar ist eins: Jetzt wäre die Zeit. Im September sind Kommunalwahlen, aktuell planen die Parteien die Aufstellung ihrer Kandidaten.

Annette Herbst-Köller

BG-Fraktionsvorsitzende

 


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