Waren beim Sommergespräch auf dem Marktplatz dabei (v.l.): Michael Sauerland, Antonius Kirse, Fraktionsvorsitzende Annette Herbst-Köller, Franz-Josef Dohle und Susanne Dönnecke. Foto: Mund


Kommunalwahl Die BG sieht sich als Ideenvorreiter und setzt auf grüne Wahlkampfthemen

Von Marcel Mund

RÜTHEN - Die Bürgergemeinschaft (BG) Rüthen hat den Ort des Sommergesprächs nicht ohne Grund gewählt. Es ist der Marktplatz, auf dem seit etwa einem Jahr nicht mehr geparkt werden darf. Dass das so ist, geht auf einen entsprechenden Antrag der BG zurück, den die Politik 2019 durchgewunken hat. „Dennoch muss auch hier noch etwas getan werden“, sagt die Fraktionsvorsitzende Annette Herbst-Köller mit Blick auf den Zustand des Pflasters. Aber: „Eine komplette Sanierung des Bereichs inklusive des Rathauses wird schwierig. Das sehen wir in ganz, ganz ferner Zukunft.“ Für größere Vorhaben fehle in Rüthen schlichtweg das Geld, die Investitionspauschale fließe die nächsten Jahre in die Umrüstung bzw. den Neubau der Feuerwehrhäuser. Fehlendes Geld und eine hohe Abgabenlast – eines von mehreren Themen im Sommergespräch.

Gemeindefinanzierung

Die BG fordert schon länger eine Reform der Gemeindefinanzierung und damit eine stärkere Unterstützung von Kleinstädten wie Rüthen. „Angesichts der Umlagen, die wir an den Kreis abführen müssen, bleibt nicht mehr viel Spielraum“, sagt Annette Herbst-Köller. „Einfacher wäre es, wenn die von den großen Parteien angekündigte Reform endlich umgesetzt würde.“

Wegen der Finanznot setzte Rüthen zuletzt verstärkt auf Fördergelder. Doch selbst bei manchem Förderprogramm, wie etwa dem Integrierten kommunalen Entwicklungskonzept, kurz Ikek, das groß angekündigt worden sei und für das sich viele Bürger mächtig ins Zeug gelegt hätten, sei wenig bei rumgekommen, weil die neue Landesregierung plötzlich andere Regularien festgelegt habe, bemängelt die BG. „Das ist für viele frustrierend gewesen“, sagt Mitglied Michael Sauerland. Allein beim Thema Wirtschaftswege habe Rüthen zufällig Glück gehabt und das passende Konzept in der Schublade gehabt, um entsprechende Fördergelder abgreifen zu können. „Das war wirklich Glück. Das Konzept ist ohne Kenntnis der Fördergelder entstanden“, sagt Sauerland.

Franz-Josef Dohle erachtet „nennenswerte Steuererhöhungen“ für unumgänglich, wenn Rüthen noch investieren wolle. Die Finanzlage der Stadt sei nicht hausgemacht, sondern den Umlagen geschuldet. Annette Herbst-Köllers Fazit: „Die Reform der Gemeindefinanzierung muss her, damit Kommunen nicht unter der Abgabenlast ächzen und stöhnen müssen.“

Klimaschutz

Ob bessere Radwege, Mitfahrerbänke oder Abstellmöglichkeiten für Fahrräder – viele Ideen der BG der vergangenen Monate drehten sich um den Klimaschutz. Doch mit ihrem jüngsten Antrag, dass neue Häuser mit einer Anlage aus dem Bereich der regenerativen Energien ausgestattet werden müssen (etwa Solaranlage oder Wärmepumpe), scheiterten sie in den politischen Gremien. „Wir haben aus anderen Städten viel positive Resonanz für unseren Vorschlag bekommen“, sagt Annette Herbst-Köller. „Rüthen wäre ein Vorreiter bei diesem Thema gewesen.“ Susanne Dönnecke, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, ergänzt: „So eine Anlage rechnet sich schnell.“

Aktuelle Häuslebauer in Rüthen sehen das anscheinend anders. Zumindest hat Michael Sauerland, der in Oestereiden wohnt, festgestellt, dass im dortigen Neubaugebiet nur äußerst wenige Häuser wohl eine Fotovoltaikanlage aufs Dach bekommen. Dennoch glaubt die BG, dass so eine Anlage bald zu jedem neuen Haus dazu gehören wird: „Alles mögliche ist bei einem Neubau vorgeschrieben, nur eine PV-Anlage nicht. In ein paar Jahren wird das aber normal sein“, so Susanne Dönnecke.

Zum Thema Windkraft im Wald, wie von der SPD vorgeschlagen, sagt Annette Herbst-Köller: „Wir sind sehr dafür, wir waren früher schon dafür.“ Zugleich warnt sie, dass so ein Vorhaben rechtlich auf mehreren Ebenen (Regionalplan, Windkraftkonzept, etc.) abgesichert sein müsse. Rüthen sei spät dran. Hätte man eher gehandelt, hätte die Stadt mit einer festen Einspeisevergütung rechnen können. Jetzt werde das schwieriger und der Planungsaufwand sei enorm. „Wir hätten schon weiter sein können“, sagt Herbst-Köller. Viele Ideen, die von der BG kämen, stießen zunächst auf Ablehnung bei den übrigen Parteien, würden aber später zumeist doch umgesetzt.

Wiederaufforstung

Überrascht ist die BG über den CDU-Antrag, eine Million Euro zur Wiederaufforstung des Waldes im städtischen Haushalt bereitzustellen. „Wir hatten eigentlich den Konsens, zunächst mal zu gucken, wie sich der Wald und die Finanzen entwickeln“, sagt Annette Herbst-Köller. Dennoch sieht auch die BG die Notwendigkeit, dass Geld in den Wald gesteckt werden muss. „Aber was nützt eine Wiederaufforstung wenn man kein Wild- und Jagdkonzept hat. So etwas wird vor einer Wahl natürlich nicht angesprochen“, kritisiert Franz-Josef Dohle. Ohne Konzept würden junge Bäume vom Wild kaputt gefressen. Dass Waldbesitzer jetzt jeweils 30 000 Euro zur Schadensbewältigung bekommen könnten, sei viel zu wenig. „Das reicht in Rüthen ja bei Weitem nicht aus“, sagt Dohle.

Positiv sieht die BG zwar den Förderverein Zukunftswald, der sehr aktiv sei, doch Annette Herbst-Köller sagt auch: „Unseren kompletten Wald wird das nicht retten.“

Jugend und Senioren

Die BG will sich weiterhin für seniorengerechtes Wohnen im Stadtgebiet einsetzen. Leider hätten sich zuletzt einige Projekte zerschlagen. „Wir stehen weiter dahinter, falls sich ein Investor meldet“, sagt Annette Herbst-Köller. „Damit Senioren so lange wie möglich hier bleiben können.“ Rüthen solle schließlich eine Wohnstadt für jung und alt sein, sagt Michael Sauerland.

Für die Jugend hat sie hingegen das Projekt „Kommunalpolitik in der Schule“ initiiert. Es sieht vor, dass Jugendliche einen Einblick in die Politik vor Ort bekommen und Interesse daran entwickeln. Dazu sollen Schüler der Jahrgangsstufen 8, 9 und 10 Ratsvertreter bei ihrer Arbeit begleiten. Inzwischen ist aus der Idee, auch in Kombination mit dem SPD-Vorschlag für ein Jugendparlament, ein Arbeitskreis der Ratsparteien entstanden, der corona-bedingt pausieren musste.

Versorgungszentrum

Beim Thema neues Nahversorgungszentrum an der Lippstädter Straße fehlt es der BG an genug Informationen, um sich eine Meinung bilden zu können. „Im Moment können wir dazu überhaupt nichts sagen“, sagt Dohle. Weitere Gespräche mit den Nahversorgern und Investoren ständen an.


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